An einem Freitag im Juni 2020 begleitete ich meinen Mann in die Ambulanz eines Krankenhauses, weil er schlimme Schmerzen im Darm hatte. Es stellte sich heraus, dass er dringend operiert werden musste. Wir waren an diesem Tag 6 Stunden in der Ambulanz und in allen möglichen Untersuchungen. Er wurde stationär aufgenommen und -wie üblich -wurde ein Corona Test gemacht. Am Samstag morgen wurde er operiert. Ich durfte am Nachmittag eine Stunde als Besucherin zu ihm. Er hatte solche Schmerzen, dass wir uns kaum unterhalten konnten. An diesem Abend um 23:00 Uhr erfuhr ich durch den Oberarzt, dass mein Mann Corona positiv getestet wurde. In dieser Situation nach der Darm-OP war er sehr immunschwach. Die Kinder und ich wurden in Quarantäne gesetzt. Drei Tage später wurde ich positiv getestet. Unsere beiden Jungs (3 und 6 Jahre alt) hatten ein negatives Testergebnis.
„Wenn die Nacht mich umgibt,
mich mit Dunkelheit umhüllt,
wenn mein Herz in mir weint,
vor Sehnsucht ungestillt.
Wenn ich ganz allein geh,
durch das finstere Tal,
jeder einzelne Schritt eine schmerzhafte Qual.“
So wie Rainer Harter es in seinem Lied „ Mein Ja zu Dir bleibt“ ausdrückt, habe ich mich gefühlt. Sehr deutlich hatte ich, kurz bevor sich mein langjähriger Hausarzt telefonisch meldete und mir mitteilte, dass ich ebenfalls Corona positiv war, eine Stimme in meinen Gedanken gehört, die sagte: „Du weißt, ich gehe überall mit Dir durch.“ Gott warnte mich vor. Mein Magen krampfte schon, als sich der Arzt meldete. Jetzt kommt es drauf an, Gott. Bist Du da? Butter bei die Fische, was mache ich, wenn mein Mann sich nicht gut davon erholt? Was ist, wenn er beatmet werden muss? Was ist, wenn es schlimmer kommt? Wie entwickelt sich meine Erkrankung? Brauche ich mal 112? Bisher hatte ich nur Halsschmerzen. Als die Kinder im Bett waren, tobten meine Gefühle. Ich schimpfte mit Gott, ich kämpfte mit der Situation und ich weinte und schrie zum Herrn. Dann hab ich tatsächlich 9 Stunden geschlafen. Als mein Mann keine Coronasymptome entwickelte, wurde er eine Woche nach der OP zu seiner Mutter in die Quarantäne entlassen. Unsere beiden Jungs wurden aus Vorsichtsgründen von mir weg zu Oma und ihrem Papa gebracht, damit sie sich nicht bei mir ansteckten. Das alles brachte mich in eine Situation, in der ich mit der Sorge um meinen Mann, um die psychische Situation der Kinder (ohne Mama) und meinen Gedanken und Gefühlen über den Verlauf meiner eigenen Coronaerkrankung alleine mit Gott war.
„Dann bleibt mir alleine der Blick auf Dich, mein Gott, mein Gott.
Dann halt ich mich fest an Deinem „Ich liebe Dich“, mein Gott, mein Gott.“
Als die Kinder von Oma abgeholt wurden, wurde es still um mich. Ich bin gerne mal alleine, ohne Kinder, aber das war jetzt wirklich komisch. „Seid dankbar in allen Dingen, denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an Euch.“ (1. Tess. 5,18) – Über diesen Vers sprach ein Redner des K5 Leitertrainings (online) am ersten Tag, als ich alleine Zuhause war und den Vortrag sah. Er betonte, dass wir in allem dankbar sein sollten, nicht für alles. Das beruhigte mich, denn zu dem Zeitpunkt war ich nicht für viel dankbar. „Wer Dank opfert, der preist mich und da ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes.“ (Psalm 50,23) – Dank opfern heißt zu Danken, wenn mir gerade überhaupt nicht danach ist, wenn es sich wirklich, wie ein Opfer anfühlt, so erklärte er. In der Situation war ich tatsächlich. Also, habe ich angefangen Lobpreis zu machen, obwohl ich vor Halsschmerzen nicht singen konnte und auch Tag für Tag immer kraftloser und müder wurde. Lieder singen im Kopf geht auch. Der Fokus auf Jesus wurde immer lebensnotwendiger. Es blieb mir nur noch der Blick auf Jesus. Jemand anderer war nicht da! Fokussiere Dich, jetzt! Und Jesus war anwesend, machte mich ruhig und half mir abzuwarten und durchzuhalten. Manchmal hielt ich mich einfach nur fest an seinem „Ich liebe Dich“! Ich entschied mich, Tag für Tag, jeden Morgen und jeden Abend, immer wieder den Blick auf Jesus zu suchen, nicht auf mich.
„Doch mein Ja zu Dir bleibt,
Du bist mein Gott,
in Freude und Leid,
in Leben und Tod!
Mein Ja zu Dir bleibt!“
Sehr geholfen haben mir die regelmäßigen Anrufe von zwei Freunden aus der Gemeinde. Auch viele andere meldeten sich. Manchmal hatte ich wenig Kraft und Stimme, um die komplizierte Situation immer und immer wieder zu erklären. Kurz vor Ende der Quarantäne bekam ich dann nochmal richtige Panik, hyperventilierte und musste alleine entscheiden, ob ich Hilfe brauchte oder nicht. Hatte ich nur Panik oder Atemprobleme durch Corona? In der Situation war Gottes Gegenwart im Raum total spürbar. Ich rief Jesu Namen in die Nacht … es war inzwischen 1 Uhr morgens … und atmete wieder durch und schlief ein.
„Du bist der treue Gott, Du bist der treue Gott !
Du bist der treue Gott und ich will Dir treu sein.
Es bleibt mir alleine der Blick auf Dich, mein Gott, mein Gott
dann halt ich mich fest an Deinem „Ich liebe Dich“, mein Gott, mein Gott.“
Am 1. Juli 2020 kamen meine Kinder und mein Mann zurück und es hat noch sehr lange gedauert, bis die Müdigkeit sich verflüchtigte, aber meine Erfahrung mit der spürbaren, abrufbaren, sofort vorhandenen Gegenwart Gottes, seiner Treue und seiner Größe sind mir geblieben und haben meine Glaubensmuskeln gestärkt.
„Dann bleibt mir alleine der Blick auf Dich, mein Gott, mein Gott.
Dann halt ich mich fest an Deinem „Ich liebe Dich“, mein Gott, mein Gott.“
Im April 2021 wurden wir alle vier erneut positiv auf das Coronavirus getestet.