Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt, eine Maske in unserem Alltag zu tragen, damit der Verbreitung des Coronavirus‘ Einhalt geboten wird. Mich begleitete meine Maske die letzten Wochen jeden Tag, weil ich mit dem Zug von Bielefeld zur Arbeit nach Minden pendelte. Eine Maßnahme, die ich gerne mittrage, um andere zu schützen.
Es gibt aber noch eine andere Maske, die mich schon mein ganzes Leben lang begleitet: mein Perfektionismus. Die innere Überzeugung, dass ich nicht schwach sein darf – unter keinen Umständen. Das mächtige Gefühl, dass ich nur dann geliebt und wertgeschätzt bin, wenn ich alles richtig, mehr noch: wenn ich alles perfekt mache. Und wehe mir, wenn ich einen Fehler begehe: dann mache ich mir selbst die bittersten Vorwürfe.
Mein Wort des Jahres 2019 war „Schwachheit“. Das ist ein Wort, das für uns eigentlich etwas sehr Unangenehmes bedeutet. Und für mich damals eigentlich auch. Ich durfte lernen, dass es in Wahrheit die pure Freiheit ist, sich selbst zuzugestehen, dass ich schwach bin und schwach sein darf. Meine Frau ist seit mehreren Jahren krank, und es hat mich an meine absolute emotionale Grenze gebracht, dass ich daran nichts ändern konnte. Dann kam noch eine Periode von insgesamt 5 Monaten, in denen auch ich krankgeschrieben war und auch nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Das war eine sehr harte Zeit. Jesus hat es mir geschenkt, dass ich in dieser Zeit lernen durfte, schwach zu sein und Schwachheit vor Gott zuzulassen. Ich musste lernen, und bin noch dabei, dass ich „sein“ darf. Dass ich schwach sein darf. Dass ich eben nicht alles kann und in der Hand habe, dass ich Fehler mache und nicht perfekt bin, dass ich mich manchmal eben einfach nur überfordert und bedürftig fühle.
Und das ist okay! Gott segnet, führt und liebt mich, auch wenn ich es nicht verdiene und auch wenn ich schwach bin. Das ist eine der Kernbotschaften des Evangeliums, aber doch von unserem Herzen manchmal so weit entfernt. Wir brauchen diese Maske der Perfektion und der Leistung vor Gott nicht. Wir dürfen vor ihm Schwachheit zulassen und dadurch wahre Freiheit erfahren. Und unsere Freiheit besteht unter anderem darin, dass wir vor uns selbst und vor anderen Menschen keine Maske mehr tragen brauchen.
Ich wünsche uns als Philippus-Gemeinde, dass wir eine Gemeinde sind, in der wir schwach sein dürfen. Eine Gemeinde, in der Mitarbeiter und sogar Leiter handfeste Fehler machen dürfen. In der niemand Sorge davor haben muss, von seinen wahren Problemen, Kämpfen und Sünden zu berichten. In der niemand jemandem etwas vorspielen muss. Und in der wir nur aus Gründen des Infektionsschutzes eine Maske tragen müssen.
Doch der HERR hat zu mir gesagt:
»Meine Gnade ist alles, was du brauchst, denn meine Kraft kommt gerade in der Schwachheit zur vollen Auswirkung.« Daher will ich nun mit größter Freude und mehr als alles andere meine Schwachheiten rühmen, weil dann die Kraft von Christus in mir wohnt. Ja, ich kann es von ganzem Herzen akzeptieren, dass ich wegen Christus mit Schwachheiten leben und Misshandlungen, Nöte, Verfolgungen und Bedrängnisse ertragen muss. Denn gerade dann, wenn ich schwach bin, bin ich stark.
(2. Korinther 12,9-10)
